< zurück zur Übersicht

11.01.2025

Akkordeons „Made in Fürstenfeldbruck“

Erfahren Sie mehr über Erich Sokollik. Er ist Handwerker und Musiker zugleich und baut seit 2009 seine eigene Marke ERISO Akkordeons.

Akkordeonbauer aus Leidenschaft

Der Akkordeonbauer Erich Sokollik stellt nur wenige Instrumente pro Jahr her. Dabei legt er größten Wert auf Qualität und Individualität. In seiner Werkstatt in Fürstenfeldbruck entstehen Instrumente für allerhöchste Ansprüche. Seine eigene Messlatte liegt sehr hoch, da er nicht nur Akkordeonbauer sondern auch ausgebildeter Musiker ist.

Als Handwerker ist er auch durch und durch Musiker und als Musiker durch und durch Handwerker. Eine ideale Kombination, bei der sich der Handwerker und der Musiker in ihm immer fachlich bestens ergänzen.

 

Akkordeon-Reparaturen

Angefangen hat alles mit Akkordeon-Reparaturen. Seit 1983 ist er geprüfter Handzuginstrumentenbauer der Handwerkskammer München. Seit dieser Zeit repariert Sokollik Akkordeons, stimmt die Instrumente und richtet alles, was am Instrument gerade wieder gangbar gemacht werden muss. Durch seinen Reparatur-Service hatte er bereits unzählige Kontakte zu Musiker-Charakteren verschiedenster Couleur und konnte auch immer wieder in Gesprächen erfahren, welche Anforderungen gerade ambitionierte Akkordeonspieler an ein Akkordeon stellen.

 

Gründung der Firma ERISO

Im Jahr 2009, als er bereits im Ruhestand war, hat es ihn dann gepackt und er hat den festen Entschluss gefasst,  Akkordeons unter seiner eigenen Marke „ERISO“ zu bauen. Sein Anspruch war auch sofort klar: „Ich baue ERISO Akkordeons nicht nur für eine begrenzte Lebensdauer, sondern für die Ewigkeit“, sagt er.

Es würde ihn freuen, wenn das jemand nach hundert oder zweihundert Jahren entdeckt, so wie sich das mit den Stradivari-Geigen zugetragen hat.

Seine Werkstatt ist gut strukturiert und organisiert. Jeder Griff zu den Werkzeugen sitzt, alles hat seinen festen Platz. Stimmzungen, Schrauben, verschiedenste Akkordeonteile und Spezial-Werkzeuge für die tägliche Arbeit liegen stets griffbereit da. So einiges hat sich da im Lauf der Jahre angesammelt, berichtet Erich Sokollik, der Jahrgang 1943 ist. Seine jahrzehntelange Erfahrung spürt man sofort, dennoch ist er voller Tatendrang und topfit.

 

Qualität braucht seine Zeit

Er berichtet, dass der Bau seines 72-Bass Akkordeons etwa drei Monate dauert, während das größte 120-Bass Modell zur Fertigstellung bis zu einem Jahr in Anspruch nehmen kann. Je nach Größe des Instrumentes sind es bis zu 3000 Einzelteile, die benötigt werden, um ein Akkordeon zu bauen. Genauigkeit kommt vor Schnelligkeit. Massenware gibt es bei ihm nicht. Gute Qualität setzt exaktes Arbeiten ebenso voraus wie ohne Zeitdruck arbeiten zu können. Beides erfüllt Sokollik mit großer Leidenschaft und mit viel Liebe zum Detail. „Pedantisch bei der Arbeit bin ich ja schon“, lässt er mich wissen, dadurch dauert der eine oder andere Handgriff manchmal auch etwas länger als er ursprünglich dafür eingeplant hat, aber das mache ihm nichts aus, denn am Ende muss das Resultat stimmen. „Bei dieser Arbeit brauchst du eine absolut ruhige Hand“, führt er fort. „Wenn du einen Hang zum Zittern hast, ist diese Arbeit nichts für dich“, bekräftigt er.

 

Individuelle Lösungen

Die ERISO-Kunden können sich ihr Akkordeon individuell zusammenstellen lassen. Gerade Studenten und Profi-Akkordeonisten wissen das sehr zu schätzen. Ob das Sonderwünsche bezüglich der Tastenfarbe oder der Registeranordnung, z. B. Kinnregister sind, spielt dabei keine Rolle. Die Farbe des Instruments, die Tastaturbeschaffenheit, all diese Dinge können ausgewählt werden. Grundsätzlich verwendet Sokollik für alle Akkordeons eine Holzkerntastatur, die mit zwei Achsen geführt wird. Das ist bei ihm für alle Instrumente, die er baut, derselbe Standard. Er verbaut kein Plastik, die Tastaturoberfläche ist meist eine Imitation von Perlmutt in verschiedenster Maserung oder Elfenbein.

Auch Vollholzinstrumente gibt es von ERSIO. An erster Stelle steht bei ihm die Planung und das Konzept. Hier werden die Grundsteine für das Aussehen des neuen Instrumentes gelegt.
Das Material entscheidet nicht nur über das Design, sondern auch über den Klang des Instrumentes.

 

 

Innung des Musikinstrumenten-Handwerks

20 Jahre lang war Erich Sokollik Teil der Prüfungskommission der Innung für das Musikinstrumenten-Handwerk in München und dort auch Teil der Vorstandschaft. Die mit drei Experten besetzte Prüfungskommission bestand aus einem Handzuginstrumentenmacher – so lautet der Fachbegriff für den Akkordeonbauer – einem Streichinstrumentenbauer und einem Blasinstrumentenbauer. Also drei Fachleute aus unterschiedlichen Bereichen des Instrumentenbaus akustischer Musikinstrumente. Die dreijährige Instrumentenmacher-Ausbildung endet mit der Prüfung durch die Innung und bei bestandener Prüfung mit der Bescheinigung und dem Eintrag in die Handwerkskammer. Teil der Prüfungskommission gewesen zu sein ist eine Tatsache, die Sokollik eine hohe Fachkompetenz bescheinigt.      

 

Der Tüftler und sein Patent

Die Faszination für die Handzugmacherei ist Sokolliks ständiger Begleiter. Manchmal muss er sich Ideen, die ihm im Traum kommen, gleich aufschreiben und anschließend daran tüfteln. Für Sokollik zählt jedes Detail - ganz gleich, ob es um die Akustik, das Design oder die Mechanik seiner Instrumente geht. Deshalb hat er seine Bassmechanik dahin gehend optimiert, dass sie sich geräuschlos spielen lässt. Und seine Arbeit hat sich auch vor dem Patentamt behaupten können: Im Februar 2015 wurde für seine geräuschlose Bassmechanik ein Patent bezogen auf die Marke ERISO ausgestellt. Die metallischen Nebengeräusche, die bisher beim schnellen Staccato-Spiel zu hören waren, gibt es bei ERISO Akkordeons nicht mehr.

 

Arbeiten die Sokollik selbst erledigt

Die Montage der Stimmstöcke sowie das Aufwachsen der Stimmplatten gehört zu einer seiner Kernaufgaben. Ebenso wie das Ventilieren der Stimmplatten, also das Aufbringen der Ventile auf die Stimmplatte. Jede Stimmplatte benötigt zwei Ventile. In einem 4-chörigen 120-Bass Akkordeon mit 5-chörigem Bass werden 224 Stimmplatten verbaut. Auf jeder Stimmplatte befinden sich zwei Stimmzungen, eine auf Zug die andere auf Druck. Also werden pro Stimmplatte auch zwei Ventile benötigt, das ergibt insgesamt 448 Ventile. Alles Handarbeit und Präzision! Je nach Kundenauftrag werden Kunststoff-Ventile oder Lederventile oder eine Kombination aus Beidem verwendet.

 

Akkordeon stimmen

In unserem Beispiel 448 Ventile = 448 Stimmzungen. Jede  Stimmzunge wird nun von Sokollik gestimmt, das ist richtig viel Arbeit und erfordert ein außergewöhnliches Gehör. Das hat Sokollik. Denn er stimmt nach Gehör. Nur den Kammerton a´ holt er sich vom Stimmgerät, den Rest macht er über´s Gehör. Die Quinten, Quarten und Oktaven dienen hierfür als Orientierung. Was für ihn ebenso wichtig ist: das temperierte Stimmen, d. h. das Stimmen im Gehäuse des Akkordeons, darauf legt er höchsten Wert.  

 

 

 

Stimmplatten-Qualität

Die jeweils verwendete Stimmplatte entscheidet maßgeblich über den Klang des Akkordeons, aber nicht nur das. Sie bestimmt auch den Luftverbrauch des Instruments. Das heißt je hochwertiger die Stimmplattenqualität, desto geringer sollte der Luftverbrauch sein. Beim Drücken einer Taste braucht ein Akkordeon mit sehr guten Stimmplatten nur wenig Luft um anzusprechen und zu klingen. Diese Stimmzungen haben eine hohe Elastizität und ein hohes Dynamik-Spektrum. Das heißt ich kann sehr leise spielen, aber auch problemlos sehr laut. Und genau das will ja der Akkordeonspieler, er möchte mit wenig Aufwand – also wenig Luftverbrauch – ein gutes Klangergebnis erzielen.

Sokollik unterteilt die Stimmplatten in drei Qualitätsstufen:

 

Es gibt nur noch eine Handvoll Stimmplattenhersteller. Diese beliefern alle Akkordeonbauer,  auch die großen und bekannten Akkordeonhersteller beziehen ihre Stimmplatten von diesen wenigen Stimmplattenherstellern. In Bayan-Instrumente werden durchgehende Stimmplatten verbaut, auf denen viele Stimmzungen angebracht sind.

 

Diskantverdeck

Man möchte es kaum glauben, aber auch das Verdeck auf der Tastaturseite, auch Diskantverdeck genannt, spielt eine wichtige Rolle bei der Klangfarbe des Akkordeons. Je nachdem wie die Öffnungen oder einfach ausgedrückt, die Löcher angebracht sind, entscheidet dies nicht nur über die Optik des Instruments, sondern maßgeblich über den Klangcharakter des Akkordeons. Das kann jeder selbst ausprobieren, indem er mal mit und mal ohne Verdeck spielt. Die Klangfarbe ist eine völlig andere. Wobei das Aussehen für Sokollik erst an zweiter Stelle steht, für ihn ist der Klang, der sich durch das Verdeck hindurch bahnt entscheidend dafür, wie das Verdeck auszusehen hat. Die akustischen Auswirkungen, die gleichmäßige Lautstärkeverteilung durch alle Oktaven hinweg ist für ihn entscheidend. „Und dazu muss das Verdeck seinen Teil beisteuern“, sagt er.

 

Ausgewählte Materialien

Das Gehäuse sowie die Stimmstöcke bezieht er aus Italien. Bei den Stimmstöcken gibt es die Wahl: Mahagoni Holz oder eine Verbindung von Tanne/Fichte. Bereits hier beeinflusst das verwendete Holz den späteren Klang des Akkordeons. Die Stimmstöcke, die in seine Akkordeons kommen, lackiert er von Hand. Er verwendet dafür  einen besonderen Lack aus Asien, der auf Naturbasis ohne chemische Zusätze und dadurch geruchlos ist. Den größten Teil seiner Bauteile bezieht Sokollik von einem Lieferanten aus Italien. Bestimmte Teile lässt er nach seinen Vorgaben fertigen. "Ich picke mir die reifen Früchte raus und verbaue sie in meine Instrumente", sagt er. Auch neue Materialien werden immer wieder ausprobiert und inzwischen verwendet er auch Fischleder, in diesem Fall handelt es sich um Lachsleder, das in hochwertigen Instrumenten Verwendung findet. "Die Materialien entscheiden nicht nur das Design, sondern auch den Klang des Instruments", sagt er.

 

Einzelanfertigungen

Auf die Frage hin was sein größtes und aufwändigstes Akkordeon war, das er bisher gebaut hat, erzählt er mir von einem Piano-Vollholz-Akkordeon mit 47 Tasten, 7 Kinnregistern, einem 6-chörigen Bass. Die Bass-Seite ist modifiziert mit der 16‘-Lage für einen tiefen, satten Basston. 5-chörig auf der Diskantseite und Convertor-Mechanik, also einem dritten Manual (M III) für das Einzeltonspiel, das 2 bis 3 – chörig ausgelegt ist.

 

 

Faible für Inseln

Die ERISO Akkordeonmodelle tragen die Namen von Inseln: Malta, Hawaii, Mainau, Elba oder Mauritius. Sein erstes selbsthergestelltes Instrument war ein Vollholzinstrument, das er "La Digue" nannte, nach einer Insel im Indischen Ozean, die er als "Paradiso auf der Erde" bezeichnet. Das Holz der Palmen auf der Insel habe ihn dazu inspiriert. Das Instrument sei "seine Stradivari", sagt er, die berühmten Geigen sind Vorbild und Inspiration für ihn.

 

 

Alexander Jekic mit seiner Schülerin Teresa Lenz
beide mit ERISO Akkordeon

 

Website von Erich Sokollik www.eriso.de